Wie man den Abbau von Hirnzellen mit Köpfchen austrickst

Nach einem Vortrag von Mag. Monika Puck, Gedächtnistrainingsakademie Salzburg.

Manch einer lernt leicht, manch einer lernt schwer. Man gewöhnt sich daran und richtet sein Leben danach aus. Warum das so ist und dass es eigentlich auch anders sein könnte, darüber denkt man nicht nach. Dabei weiß man heute schon vieles über das Gehirn, das unser Leben verändern könnte.
Mag. Monika Puck ist Psychologin und leitet die Gedächtnistrainingsakademie in Salzburg. Außerdem ist sie Obfrau des Österr. Bundesverbandes für Gedächtnistraining und 1. Vorsitzende des Europäischen Dachverbandes für Gedächtnistraining. Im Rahmen eines Vortrages über das Vorlesen für Senioren und Seniorinnen sprach sie auch über das Gedächtnis im Allgemeinen. Unser Gehirn kann viel mehr, als wir ihm zutrauen. Wenn wir um die Zusammenhänge wissen, können wir es erstaunlich lebendig erhalten.

Die Aufnahme und Speicherung von Information erfolgt in drei Schritten.

Der erste Speicher ist das Ultrakurzzeitgedächtnis. Es wird nicht alles gespeichert, was über die Sinne hereinkommt. Das Ultrakurzzeitgedächtnis wirkt wie ein Filter. Was er durchlässt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel von der Reizintensität. Zu schwache und zu starke Reize werden nicht wahrgenommen, oder blockiert. Wenn man Kinder anbrüllt, damit sie sich endlich etwas merken, blockiert man geradezu ihre Merkfähigkeit. Bekanntes erregt Aufmerksamkeit. Daher sind bestimmte Rituale beim Vorlesen von Vorteil. Der oder dem Vortragenden muss das Gegenüber wichtig sein. Ein unengagierter Lehrer wird keine Spuren im Gedächtnis hinterlassen. Andererseits löst Begeisterung eine Dopamin-Dusche (Dopamin ist der Motivations- und Begeisterungsbotenstoff) aus; das Gehirn wird aktiviert.

Der 2. Speicher ist das Kurzzeitgedächtnis. Er kann cirka 7 Sachen gleichzeitig aufnehmen. Bildet man aber Gruppen, kann er 7 Gruppen erfassen. Daher ist es sinnvoll, aufgenommene Information zu ordnen. Will ich, dass eine Botschaft gemerkt wird, dann soll sie sinnvoll und/oder merkwürdig sein. Außerdem braucht es Wiederholungen. Und zwar sofort, nach einem Tag und nach einer Woche. Dann sitzt es ohne viel Pauken.

Der 3. Speicher ist das Langzeitgedächtnis. Je mehr im Gehirn drinnen ist, desto mehr kann es sich merken, da es die Informationen besser vernetzen kann. Bildung erhöht daher die Merkfähigkeit. Die Inhalte aus dem Langzeitgedächtnis sind besser abrufbar, wenn sie geordnet sind. Wenn man im äußeren Leben (Zeit, Raum) Ordnung hält, begünstigt das die Übersichtlichkeit im Lagerplatz Gehirn. Je älter man wird, desto bessere Abrufstrategien sollte man entwickeln. Den Kontext mitbedenken (wann und wo  habe ich den Schlüssel zum letzten Mal verwendet), das ABC durchgehen, um etwa einen Namen zu erinnern und – sehr wichtig – Sozialkontakte, Freunde, sprechen!!! Die Abschottung von Menschen mit beginnender Demenz ist schädlich!
Der Übergang vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis passiert im Hippocampus, einem Teil des Gehirns. Es gibt Dinge, die tun ihm gut und Stoffe, die zerstörerisch wirken. Man weiß zum Beispiel, dass sich überhöhter Stress negativ auf das Gedächtnis auswirkt. Er löst eine Cortisolausschüttung aus, die toxisch ist für das Gehirn und sich besonders auf das Merksystem auswirkt. Das beginnt schon im Mutterleib. Kinder von Müttern, die hohem Stress ausgesetzt waren, kommen bereits mit kleinerem Hippocampus auf die Welt. Zum Glück hat man in letzter Zeit etwas entdeckt, was es natürlich immer schon gab, die Möglichkeit zur Neurogenese. Das Hirn, in diesem Fall der Hippocampus, kann sich nämlich regenerieren. Es hilft ihm dazu: Bewegung, eine angemessene Ernährung und Aktivierung des Gehirns. Außerdem wird das Lernen begünstigt durch Wohlfühlen: Körperkontakt, Kuscheln, Streicheln, Massagen bewirken die Ausschüttung von Oxytozin, einem Gegenspieler der Stresshormone.

Zusammenfassend kann man sagen: Man erhält sein Gehirn jung durch

  • ausreichend Bewegung
  • ausreichend Vitamine, leicht verdauliches Eiweiß und Flüssigkeit (Wasser!)
  • lebendiges Interesse an der Umgebung
  • Herausforderungen ohne Überforderung
  • Stressbegrenzung
  • spielerisches, ganzheitliches Gedächtnistraining
  • geduldige Wiederholungen, Notizen und Eselsbrücken
  • Bereitschaft immer wieder etwas Neues zu lernen
  • Achtsamkeit auf alle Sinne
  • kreative Tätigkeit
  • Freunde
  • Spaß
  • Zärtlichkeit