Ich bin Bethlehem, Weihnachten 2019

                                                                                                                                         Als junge Mutter schon war es mir ein Anliegen, Verpackungsmaterial zu sparen.
Darum kaufte ich möglichst große Gebinde, unter anderem auch einen Kübel Ata Citron.
Seitdem, und das ist jetzt 33 Jahre her, fülle ich daraus regelmäßig neues Scheuerpulver in eine wiederverwendbare Dose.
Obwohl ich unsere Edelstahlabwasch stets damit reinige, ist der Kübel immer noch zu einem Drittel voll.
Wird er zu meinem Lebensende leer sein?
Wie kurz ist eigentlich mein Leben?
Einen Kübel Scheuerpulver lang?
Bin ich nicht unheimlich klein und unbedeutend, wenn ich in der Küche stehe und unsere Abwasch blank putze, über mir ein bisschen Dach, unter dem auch noch unsere Kinder und Enkelkinder leben, eine Hülle Atmosphäre und darüber unendlicher Sternenraum?
Sternenraum, der gewünscht und erschaffen wurde von einer gewaltigen, unbegreiflichen Macht, von einem allmächtigen, allwissenden Schöpfer.
Und hier stehe ich in der Küche und scheuere.
Und Gott sieht mich scheuern, sieht in mein Herz, sieht meine Sehnsucht und meine Zerbrochenheit.
Er möchte mir nahe sein, aber er ist so unendlich groß.
Und jetzt kommt Weihnachten ins Spiel, dieses hilflose, in Armut geborene, von Soldaten verfolgte Kind:
Sohn des Allmächtigen, Sohn des Schöpfers von Himmel und Erde.
Alljährlich zu Weihnachten erinnere ich mich daran, dass er in Bethlehem geboren wurde.
„Bethlehem“ heißt übersetzt „Haus des Brotes“.
Eucharistisches Brot esse ich in der Kirche.
Ich bin Haus für das Brot.
Ich bin Bethlehem.
In mir wird Weihnachten während ich die Abwasch blank scheuere.
Und wenn der Kübel Scheuerpulver leer ist,
werde ich am Schoß des allmächtigen Vaters sitzen, meines Vaters, des All-liebenden.   

Maria Harbich-Engels