14. und 15. Dezember 2007

Wir fliegen der Sonne entgegen, aber in Sibirien ist noch Nacht. Keine Wolke trübt die Sicht auf den Lichterteppich unter uns. Die Städtchen und Dörfer bilden Muster, nur selten etwas verwischt durch dünnen Nebel. Eine Ahnung weniger schwarz als das Land: über dem Horizont der Nachthimmel voller Sterne aus dem Sternschnuppen fallen. Wir denken an unsere Flitterwochen vor 25 Jahren. Seither sind wir kaum gemeinsam auf Urlaub gewesen. Jetzt aber versorgt unser Ältester gemeinsam mit seiner jungen Frau die Landwirtschaft, und wir haben zwei Monate frei, um die Südinsel Neuseelands kennen zu lernen.

Wir überfliegen das Altaigebirge, das Ende der Besiedlung. Nur hin und wieder leuchtet ein einsames Licht zwischen endlosen schneebedeckten Gebirgsketten, an ungezügelten Flüssen, im Frost erstarrt. Plötzlich wird es im Osten etwas heller und schon färbt sich der Horizont in einem unbeschreiblich weichen, blaustichigen Orangerot. Der brennende Streifen am Himmel wächst und wächst, die Nachtschwärze zieht sich zurück und weicht einem tief leuchtenden Blau.

Lange fliegen wir über die Wüste und nach einer Zwischenlandung in Seoul noch viel länger über den Pazifischen Ozean, wieder bei Nacht. Und es wird noch einmal Abend werden, ehe wir am Ziel sind.