25. Jänner 2008

In der Nähe der Küste wird jetzt das Land unpassierbar. Daher führt unser Weg nach Karamea durch weite Urwälder, in vielen Windungen bergauf und dann wieder bergab. Was für ein Wald! Ich bin hingerissen und muss wenigstens für eine kurze Weile aussteigen, um ihn näher zu betrachten. Matais, riesige Rimus, aber auch viele kleine, Fivefingers, Tutu mit den langen Würschteln meist noch grüner Beeren (später werden sie schwarz), Kawakawa, mit den dunklen, stark glänzenden, herzförmigen Blättern (die Beeren stehen zusammengedrängt wie auf einer Traube und sind noch grün), Cabbagetrees und Mountaincabbagetrees, Baumfarne, Kahikateas, später auch Beeches. Ich bin so beigeistert von der Vielfalt, dass ich Gerald zu einer kurzen Rast überrede. Dabei kann ich Silver Eyes, kleine Vögel mit silbern umrandeten Augen, einer hellen Brust und sonst graugelbem Gefieder, beobachten, wie sie orangefarbene Beeren fressen.

Durch Farmland in der Ebene kommen wir nach Karamea und schließlich nach

Kohaihai :

Nördlichster, mit dem Auto erreichbarer Punkt auf der Westküste, Beginn des Heaphitracks. Wir parken sandflyumschwirrt in einem Kiefernwäldchen (DOC-Campingplatz) an der Flussmündung und nahe dem sandigen Meeresstrand und wandern zum Nikaupalmenwald. Eine Hängebrücke führt über den Fluss, dessen braunes Wasser träge zum Meer fließt. Sandbänke sieht man mit Schwemmholz oder großen runden Steinen. Knapp vor der Mündung verstellt eine steile, mit Wald bewachsene Klippe dem Fluss den Weg und zwingt ihn in ein Knie um eine große Sandbank mit verschieden hohen Terrassen und von den Gezeiten geformten Rippen. Landeinwärts krümmt und buchtet sich der Fluss. Zwei große Kormorane sitzen auf Schwemmholz im weißen Sand (Pied Shags). Am Ufer wachsen Flax, Baumfarn, Palmen und Büsche. Die Hängebrücke führt zum Nikaupalmenwald, ein schmales Wegerl durch diesen hindurch. Die Palmen stehen hier zum Teil ganz dicht. Ihre Stämme haben ca. 20cm Durchmesser, mit schönem quergestreiftem Muster oder Rippen. Der Blattansatz ist leuchtend grün, manchmal hängt ein korallenförmiger Blütenstand dort, blassrosa, oder schon Früchte, grün noch, ein paar rote dabei. Die Blätter sind bis zu 3 m lang, die Seitenfiederung bis zu 1m. Durch die ineinander greifenden Blätter entstehen die schönsten Lichteffekte. Ein Ehepaar, das uns begegnet, strahlt uns an: Was für ein schöner Wald! Zwischen den schlanken Stämmen der Palmen stehen Baumriesen, so hoch, dass ich ihre Kronen nicht erkennen kann. Ich sehe nur schmale längliche Blätter am Boden liegen. Die Stämme sind von Epiphyten bewachsen und stehen oft auf mächtigen Stelzenwurzeln, sodass sie aussehen wie Ents (Herr der Ringe).
Gerald krabbelt Stufen hinauf, geht durch Sumpf, während er sich bei mir anhält und kippt den Rollstuhl über Wurzeln. Wir kommen wieder ans Flussufer. Ein halb entwurzelter Baumriese hängt über das Wasser. Die Epiphyten wachsen lustig weiter, auch der Baum selbst, nur dass er jetzt bei Hochwasser Treibholz aus dem Fluss angelt, der braun über eine Stufe aus großen runden Steinen rauscht. An einer anderen Stelle des Waldweges spiegelt sich in einem kleinen moorigen Teich das Licht. Palmblätter vermodern darin. Dann ist die Runde vollendet. Auf der Hängebrücke genießen wir den frischen Wind vom Meer (es ist sehr warm) und den Blick auf den Fluss. Ihn entlang führt ein etwas steiniger Weg (ich muss Gerald stellenweise schieben) zu unserm Auto.

Anschließend setzen wir uns noch auf eine mannshohe Sandterrasse und schauen den Wellen zu und dem Fluss, wie er ins Meer mündet. Ich finde einige schöne Treibholzstücke, ziemlich schwere (Rata?). Gerald macht daraus ein Kunstwerk mit Muscheln und Sand. Während er sich dann gegen die Sandflies verbarrikadiert und das Auto verteidigt, koche ich am offenen Feuer, da wir kein Gas mehr haben.

Blutrot versinkt die Sonne im Meer.