An Gwaihir

An Gwaihir

Frag mich nicht,
warum ich die Brücke zerstörte.
Bring mich hinüber.
Mein Hass ist mir heute schon fremd.
Ich möchte wenigstens einmal
drüben gewesen sein.

 

Spiegel

Ich kenne deine Stimme, deinen Gang,
vielleicht auch wie du riechst;
schon nicht mehr deine Augenfarbe
und gar nicht, was du liebst.

Ich blicke in Dein Angesicht wie in den Spiegel,
sehe darin mein eigen Wollen,
dichte dir Gefühle an, wie ich sie fühle
und verdamme dich für etwas,
was ich selber hab getan.

 

Pappellied

von der hohen Pappel schluchzt die Nachtigall
und fallen Samen sanft wie Schnee
Millionen nutzlos in den See

ich seh im Dämmerschatten bang
sie sinken all, doch
die Gelassenheit der Pappel
macht das Schluchzen zum Gesang

 

Pinguin

ich spüre den Sturm
pazifisches Salz stäubt die Gischt in mein glattes Gefieder
ich spüre den Sturm
und hebe die Flügel erwarte
den Rausch mitten drin
schwerelos
Teil der Gewalten
gepeitscht getragen
im Sturm in der Gischt
ich hebe die Flügel federlos
hilflos
und watschle zum brandenden Schaum
der mich holt
wirbelnd tosend
nimmt mir den Atem
ich bin ein König
hier und nicht dort

 

Mauser

Lautlos fallen die Federn aus müden Vögeln
und trudeln durch trübes Gewässer ins freie Land.
Dort brütet die Angst auf friedlosen Fluren.
Freut euch ihr Federlosen!
Nur eure Tracht ist verloren.
Am Ende der Trauer
tragen euch frische Flügel davon.

 

Durch die Wipfel streicht der Wind

Durch die Wipfel streicht der Wind.
Kein Vogel ruft,
nur meine Schritte suchen,
ob ich dich noch einmal find.

 

© Maria Harbich-Engels