Eine unmenschliche Bürde

Das „wahrscheinlich wunderbarste Buch des Jahres“ nennt die Kritik „Ein ganzes halbes Jahr“ von Jojo Moyes. Es gehe um Selbstbestimmung und wäre erfrischend geschrieben mit einem tollen Schluss. Der „tolle“ Schluss ist, dass sich der querschnittgelähmte Held euthanasieren lässt, obwohl seine reiche Familie ihm jede Hilfe angedeihen lässt, er einen kompetenten Pfleger hat und eine Pflegerin, die sich in ihn verliebt und das Leben mit ihm teilen will.

Ich bin jetzt über 30 Jahre mit einem querschnittgelähmten Mann verheiratet und habe durch ihn auch andere, härtere Schicksale kennengelernt. Soll ich meinen Mann, soll ich all seine tapferen Kollegen – oft die allerfröhlichsten Menschen – jetzt mit anderen Augen ansehen? Wer ist ein möglicher Kandidat für Euthanasie?! Wo ist die Grenze und wann ist sie erreicht? Ist der Damm einmal gebrochen, was passiert dann? Wer schützt uns einmal vor den unausgesprochenen Wünschen böser Verwandter, die uns los werden wollen oder nach dem Geld trachten, das unsere Pflege verbraucht? Niemand kann mir weismachen, dass der Selbstmord eine friedliche Angelegenheit ist, die lauter zufriedene Menschen hinterlässt. Über den Zeitpunkt des eigenen Todes entscheiden zu müssen ist eine schreckliche Bürde, für den Betroffenen und für alle Menschen in seiner Umgebung.

Sind wir doch froh, wenn wir eine solche Bürde nicht tragen müssen! Und lassen wir uns nicht die Ohren voll säuseln von selbsternannten „Erlösern“.