Erziehen wie die Indianer?

Mit großem Vergnügen habe ich gerade ein Jugendbuch über Prärieindianer von Käthe Recheis gelesen: „Kleiner Adler und Siebenstern“. Als ich nachdachte, was mich so fasziniert hat an der Geschichte, stieß ich auf drei Bereiche: die Art der Erziehung, die Bildung des Gewissens und der Umgang mit dem Tod.

Neben den lebensnotwendigen Tätigkeiten gilt die ganze Aufmerksamkeit der Indianer der Erziehung der Kinder. Von klein auf werden sie dazu angeleitet, Tugenden aufzubauen: Tapferkeit, Ausdauer, Sorgfalt, Geduld, Höflichkeit, Freundlichkeit, Pünktlichkeit, Wahrhaftigkeit, Bescheidenheit, Opferbereitschaft…Die Erziehungsmethoden erschöpfen sich dabei nicht in Ermahnungen oder Strafen. Der Tagesablauf ist geregelt, sodass die Kinder stets eingebunden und im richtigen Maß gefordert sind. Die Erwachsenen bemühen sich selbst, ein gutes Vorbild zu sein. Sie erzählen den Kindern Geschichten, die die Sache verständlicher machen und beobachten sie genau, um Schwierigkeiten rechtzeitig abfangen zu können. Ein wichtiges Element ist das frühe schrittweise Erlernen der alltäglichen Arbeiten. Das stärkt den Willen und fördert das Selbstwertgefühl. Ist die Zeit reif, gibt es eine Bewährungsprobe.

Dabei vergeht kein Tag, an dem die Kinder nicht in irgendeiner Form unterrichtet werden, gut und böse zu unterscheiden. Dazu gehört auch schon bei den Kleinen, in die Einsamkeit zu gehen, um zu lernen, auf das „Große Geheimnis“ zu hören. So wird zwar Disziplin verlangt, aber Gewissensentscheidungen werden respektiert, ja gefördert indem man die Kinder sich selbst eine Meinung bilden lässt.

Ein Indianer wird von klein auf vorbereitet auf den Tod. Da er an ein „Glückliches Heim“ im Jenseits glaubt, ist das Bewahren der Würde wichtiger als das Bewahren des Lebens. Das Leiden dient dazu, sich in den Tugenden zu bewähren. Klagen und Selbstmitleid haben da keinen Platz.

Zum Schluss setzen Kleiner Adler und Siebenstern ihr Leben ein, um den Frieden zu retten.

Sicher, es ist „nur“ eine Geschichte. Aber sie hat mich angeregt, darüber nachzudenken, wie viel Zeit, Aufmerksamkeit und Kreativität ich in die Erziehung lege, welche Werte bei mir ganz oben sind und wie es bei mir mit dem Vorbild ausschaut. Ja, dieses Buch hat mich bewegt.