Stolpersteine

„Mach Dir einen Sport daraus, dass Du Dich nicht unterkriegen lässt. Verschwende Deine Energien nicht mit Jammern.“ So schrieb eine Freundin von mir an ihre Tochter, die, obwohl hochschwanger, auch noch unerwartet umziehen musste. Ich bewunderte die Mutter für ihren Mut, so klare Worte zu finden. Und ich bewunderte die Tochter, die ihr dankbar dafür war. Hätte sie nur ängstlich oder zornig auf die Steine gestarrt, die ihr in den Weg gelegt wurden, dann hätte sie so einen Rat leicht falsch auffassen können.

Die Episode erinnerte mich an eine witzige Comic – Zeichnung: Ein Haufen Stolpersteine ist dort abgebildet und vier Personen, die unterschiedlich damit umgehen: Eine Frau starrt hilflos auf einen Steinquader und rührt sich nicht vom Fleck; ein junger Mann mit Krawatte stolpert mit schreckgeweiteten Augen über einen ganz kleinen Stein, während ihm ein Stoß Akten aus den Händen fällt; ein älterer Herr mit Glatze versteckt sich gar hinter einem großen Block. Hinter den Dreien hat ein anderer Mann aus lauter solchen Stolpersteinen eine hohe Treppe gebaut. Schweiß rinnt ihm von der Stirne, trotzdem wirkt er fröhlich. Er arbeitet in der Sonne, während die anderen im Dunklen stehen. Darüber ist ein Spruch von Erich Kästner zu lesen: „Aus den Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, lassen sich Treppen bis in den Himmel bauen.“

Ich dachte an die Stolpersteine im Laufe meines Lebens und wie ich über sie gestöhnt hatte. Dabei konnte ich viele davon wirklich als Bausteine benützen, Gott sei Dank.