Zum Glück ist mein Boot noch dicht

Zum Glück ist mein Boot noch dicht

Zum Glück ist mein Boot noch dicht,
die Richtung bestimmen die Sterne.
Ich weiß, hinter Wolken schimmert ihr Licht.
Ich suche das Land in der Ferne.

Ringsum das nachtschwarze Meer
bedrängt Schiffer in anderen Nachen.
Wir rufen uns zu… Ich wünsche mir sehr,
dass wir uns teilten die Wachen.

Wir berühren uns mit den Riemen,
ich höre den hölzernen Laut.
Ach, schlügen sie wenigstens Striemen
in die vor Sehnsucht brennende Haut.

Doch der Sturm vereinzelt uns wieder,
ich trotze den Wellen allein,
auf den Lippen versunkene Lieder,
mein Herz erspäht Sternenschein.

Und da, hinter Gischt seh’ ich’s schimmern
und auch dort unterm salznassen Hemd.
Es schmerzt noch die Kälte im Innern,
doch wir sind uns nicht mehr so fremd.

 

Schöpfungslied

Verloschen ist das Lied
Ganz ohne Glanz ist Gottes Mantelsaum,
das goldne Band ist abgewetzt,
längst verblasst sind alle Farben
und zerfetzt das Ornament.

Was kommt mir für ein ferner Traum?
Sehnsucht hat mein Herz benetzt.
Vergiss die Risse und die Narben,
sing mir das Lied, das niemand kennt!

Mahmbundo bandano
Irginda bili batuvi
Viti mirlano
Fuobelade vanodir

Verloschen ist das Lied.
Verstummt ist das Gefunkel.
Was heute man noch sieht,
ist nur mehr ein Gemunkel.

Verborgen sind nun die Strahlen:
Nur Herz-Augen können sie sehen.
Und wenn auch mit blutigen Malen,
nun wirst du das Muster verstehen.

 

Seesturm

Er schaut vom dunklen Gestade
hinaus auf den nächtlichen See.
Kein Schiffer bittet um Gnade,
des tut Ihm das Herz so weh.

Der Wind peitscht die Wogen zu Türmen
und treibt schwarze Wolken heran.
Weswegen trotzt ihr den Stürmen,
wenn Er sie doch stillen kann?

„Seid unbesorgt, ihr meine Brüder,
ich nehm’ euch das Ruder nicht fort;
ich würde so gerne wieder
fest schlafen bei euch an Bord.

Ihr meistert den Sturm, ohne Frage,
ich warte, bis ihr mich weckt.
Ach, dass nur niemand verzage
am See von Genezareth!“

© Maria Harbich-Engels