Ich schraube, also bin ich – Vom Glück, etwas mit den eigenen Händen zu schaffen                              

Ich schraube, also bin ich - Vom Glück, etwas mit den eigenen Händen zu schaffen                              
Matthew B. Crawford
aus dem Englischen von Stephan Gebauer

Handwerken verschwindet aus den Schulen. Die überwältigende Mehrheit der Schüler wird in eine höhere Ausbildung gedrängt. Wir leben in einer Wissensgesellschaft, in der die Arbeit entwertet wurde. Dies hat seinen Ursprung in der Trennung von Denken und Tun schon während der Industrialisierung. In den Fabriken suchte man schlecht ausgebildete Arbeiter, die nur einfache Arbeitsabläufe beherrschen mussten, weil sie billiger waren. Heute kommt es zu ähnlichen Umwälzungen. Durch eine Trennung von Planung und Ausführung kommt es zu einer Entwertung der Büroarbeit. Der Philosoph und Autor kündigte seine Arbeit in einem Think Tank und machte eine Motorradwerkstatt auf. Die manuelle Arbeit verschaffte ihm mehr Befriedigung und barg die größere intellektuelle Herausforderung als die Arbeit am Computer, wo er bis zu 28 wissenschaftliche Artikel am Tag kurzfassen musste, ohne den Autoren jemals gerecht werden zu können. „Erst in der Werkstatt habe ich das Denken gelernt.“, behauptet er. Sich mit Abstraktionen beschäftigen sei nicht dasselbe wie denken. Langjährige Erfahrung schafft im Gehirn Muster, die nicht von einem Computer (z.B. Fehlerfinder in der Werkstatt) ersetzt werden können. So hat zum Beispiel ein erfahrener Feuerwehrmann das untrügliche Gefühl, wann es Zeit ist, ein brennendes Haus zu verlassen, bevor es einstürzt. Die moderne Gesellschaft versucht, dem Einzelnen so viel Verantwortung wie möglich abzunehmen, bewirkt aber durch vorgegebene Handlungsabläufe, die der Einzelne nicht verstehen muss und nicht verändern kann, eine Verdummung, die zu Sinnlosigkeitsgefühl führt. Als Ausgleich dazu suchen die Menschen dann in ihrer Freizeit die Herausforderung, den Ort, wo sie alle Sinne eigenverantwortlich einsetzen müssen, wie etwa bei einer Expedition auf den Mount Everest. Ein Fachmann in einer Reparaturwerkstätte hört mit stolz geschwellter Brust das Motorrad davonfahren, das er selbst optimal eingestellt hat. Außerdem findet er unter Menschen, die mit dem gleichen Interesse, der gleichen Ausdauer und dem gleichen Können bei ihrer Arbeit sind, eine sinnstiftende Gemeinschaft. Heute hat man schon erkannt, wie wichtig Kreativität für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Menschen ist. Sie wird in der Mangerausbildung und in der Kunsttherapie angewandt, also an menschlichen Endpunkten sozusagen. Crawford liefert einen anderen Ansatz: Er schreibt, dass Kreativität ein Nebenprodukt jener Art von meisterlichem Können sei, das durch langjährige Übung erworben wird.