Was ist Nächstenliebe?

Muss ich immer alles geben, was von mir erbeten und erwartet wird? Muss ich Taxi spielen, Besorgungen machen, Ämterwege erledigen, heikle Telefonate führen, putzen, kochen, Wäsche waschen, bügeln – für erwachsene Personen, die weitgehend gesund sind und sich selbst helfen könnten?

Würde und Selbstbestimmung gehören zu den höchsten Gütern unserer Gesellschaft. Wenn ich jemanden bediene und verwöhne, nehme ich ihm da nicht ein Stück Selbstachtung und Selbstständigkeit? Die meisten Kinder wollen arbeiten, wenn sie klein sind. Da sollte man ansetzen, wenn man ihnen ermöglichen will, einmal für sich selbst zu sorgen. Je mehr Fertigkeiten ein Kind erwirbt, desto höher ist sein Selbstwert. Das eigene Zimmer putzen und für saubere Wäsche sorgen sollte für Teenager eine Selbstverständlichkeit sein, auch neben Schulstress oder Berufsausbildung. Wer nicht früh genug lernt, selbst mit anzupacken, braucht womöglich bis ins Alter jemanden, der ihm alles nachträgt. Mütter oder Partner werden dann zu Leibdienern degradiert.

Es tut so gut, wenn man Herr seiner kleinen Welt ist! Das bringt gesunden Stolz und Zufriedenheit. Man hat ein ganz anderes Auftreten, wenn man gelernt hat, Verantwortung zu übernehmen. Man ist ein viel besserer Arbeiter – sei es jetzt am Computer oder draußen am Betrieb, als Chef oder als Hilfsarbeiter.

Manchmal bedeutet Nächstenliebe, etwas nicht  zu tun, was der Nächste ganz gut selbst besorgen kann.