Wieviel gilt ein Handschlag?

Die „gute alte Zeit“ mag ein Märchen sein, dennoch gibt es Werte aus ihr, die wir verloren haben, z.B. Rechtschaffenheit und Redlichkeit. Ich weiß nicht, wie das im Westen Österreichs ist, bei uns im Osten jedenfalls kann man sich auf das Wort vieler Menschen nicht mehr verlassen, Handwerker sind oft unzuverlässig und Privatgeschäfte überhaupt riskant. Auf der Internetseite des ORF stand kürzlich zu lesen: Wer als Kleinkind lernt zu lügen, wird später ein besserer Manager. Solche Ratschläge bekommen wir heute.

1958 kam das Kinderbuch „Tapps“ von Mira Lobe heraus. 2 Kinder finden ein Pudelbaby im Park. Sie dürfen es erst behalten, nachdem sie in der Siedlung alle Leute gefragt haben, ob sie vielleicht ihr Hündchen vermissen. Heute wäre so ein Verhalten undenkbar. Man nimmt sich, was man bekommen kann. Führt das nicht zu Neid und Streit statt zu dem Glück, das wir erhoffen?

Rechtschaffenheit und Redlichkeit sind Grundvoraussetzungen für Arbeitsmoral und ein geglücktes Miteinander. Höflichkeit, Pünktlichkeit, Genauigkeit, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit usw. sind Fähigkeiten, die man lernen kann, nur muss man sich darum bemühen. Viele Jugendliche wissen damit nichts anzufangen und wundern sich dann, wenn sie keinen dauerhaften Job bekommen.

Wenn sich unsere Gesellschaft nicht auf die „alten“ Werte besinnt, wird sie in sich schwach und zerstritten werden (schlechte Arbeit und Unzuverlässigkeit bringen Unfrieden) und auf ein niedrigeres Niveau absinken. Für uns heute unvorstellbar, aber solch morbide Gemeinschaften wurden in der Geschichte seit jeher überrannt.

Adalbert Stifter hat zum selben Thema in seiner Vorrede zu den „Bunten Steinen“ folgende Worte gefunden:

Es gibt daher Kräfte, die nach dem Bestehen der gesamten Menschheit hinwirken, die durch die Einzelkräfte nicht beschränkt werden dürfen, ja im Gegenteile beschränkend auf sie einwirken. Es ist das Gesetz dieser Kräfte, das Gesetz der Gerechtigkeit, das Gesetz der Sitte, das Gesetz, das will, dass jeder geachtet, geehrt, ungefährdet neben dem anderen bestehe, dass er seine höhere menschliche Laufbahn gehen könne, sich Liebe und Bewunderung seiner Mitmenschen erwerbe, dass er als Kleinod gehütet werde, wie jeder Mensch ein Kleinod für alle anderen Menschen ist.