Man kann auch im Rollstuhl glücklich werden

Man kann auch im Rollstuhl glücklich werden.

Das sagte ein väterlicher Freund zu mir, als ich mir verzweifelt den Kopf darüber zerbrach, wie die Krankheit meines Mannes hätte verhindert werden können. Der Satz hat sich in mich eingeprägt und er hat sich in unserem Leben bewahrheitet. „Bohr nicht herum in Deinem Schicksal, hadere nicht damit, sondern geh davon aus.“, hieß er für mich. Es ist unglaublich, welche Last von einem abfällt, wenn man seine Situation einmal angenommen hat. Energie wird frei und man kann etwas Neues in Angriff nehmen.

Das größte Hindernis auf dem Weg zur Annahme ist das Selbstmitleid. Man kann sich richtig suhlen darin, aber dann bleibt man im Schlamm stecken. Was kann einem dann noch helfen? Der Blick nach außen. Wenn ich bemerke, dass mich das Selbstmitleid erwischt hat, denke ich sofort darüber nach, wem ich eine Freude machen könnte. Damit wendet sich meine Aufmerksamkeit von meinen eigenen Problemen ab und ich bekomme langsam wieder festen Grund unter den Füßen.

In ihrem Roman „Das Blockhaus am Minnewana“ schildert Käthe Recheis diese Problematik sehr treffend. Laura, ein mutterloses Mädchen hat wegen ihrer Körperbehinderung Kontaktschwierigkeiten und lebt in einer Fantasiewelt. Der Vater nimmt sich ein paar Wochen ganz für sie Zeit. In der Einsamkeit der kanadischen Wälder setzt sich Laura mit ihren Problemen schreibend auseinander und gewinnt schließlich neue Freunde. Lassen wir sie selbst sprechen:

„Ich ließ mich in die Traurigkeit fallen wie in ein Loch, in ein schwarzes, endloses Loch.“

„Wieder einmal hatte ich mir selber wehtun wollen, während die anderen gar nicht daran dachten, mir weh zu tun.“

„Wollte ich mir wieder selber weh tun? Ich habe mir vorgenommen, mich das immer zu fragen, wenn ich meinen Zorn spürte.“

„…Weil ich immer vor etwas floh – vor meinem zu kurzen Bein, vor meiner eigenen Ungeduld. Ich hatte einen engen, ganz engen Kreis um mich gezogen, in diesem Kreis hatte ich gehockt und mich bemitleidet.“

„Jetzt werde ich nicht mehr so oft zornig wegen meines Beines. Natürlich ist es zu kurz und manchmal bin ich traurig deshalb. Aber, was ist schon dabei? Ich hinke eben. Es gibt andere Dinge, die wichtiger sind.“

Neben der einfühlsamen Auseinandersetzung mit den Gefühlen des Mädchens machen die Naturschilderungen und die eingeflochtenen alten irischen Sagen die Lektüre dieses Romans zu einem schönen und spannenden Erlebnis.