Medienfasten

Im Spätherbst funktionierte plötzlich der Ton unseres Fernsehers nicht mehr. Während ich noch überlegte, ob es sich auszahlen würde, ihn zu reparieren oder ob wir einen neuen anschaffen sollten, sagte mein Mann: „Stell ihn hinaus, du schaust sowieso kaum und ich brauche ihn nicht mehr.“ Danach war nicht nur in unserem Wohnzimmer mehr Platz, sondern auch im Tagesplan meines Mannes. Er war ganz begeistert über die viele zusätzliche Zeit, die er durch das Bisschen weniger Fernsehen gewonnen hatte. Heimlich begann er zu schnitzen, was dann zu Weihnachten zu einigen Überraschungen führte, und am Abend ging er zufriedener ins Bett. Nach ein paar Wochen hatte sich seine Sichtweise verändert. Er merkte plötzlich, wie sehr die Informationssendungen des Fernsehens sein Denken beeinflusst hatten. Wie wenig sie Weitblick vermitteln und zum Nachdenken anregen, wie oft sie die Dinge nur von einer Seite aus beleuchten und nicht gleichberechtigt mehrere Meinungen zu Wort kommen lassen. So beschloss er, sich bis auf weiteres auf verschiedene Nachrichten aus dem Internet und eine Wochenzeitung zu beschränken.

Ich denke, es zahlt sich aus, einmal ein paar Wochen auf die gewohnte Informationsquelle zu verzichten, sei sie gedruckt oder digital. Danach sieht man manches kritischer. Es fällt einem auf, worüber berichtet wird und worüber nicht, wer bejubelt wird und wer verteufelt. Und man behält vielleicht das Hobby bei, das man während des Medienfastens entdeckt hat.