9. Jänner 2008

Der Milfort Sound ist ein tief ins Gebirge hineinreichendes Fjord. Da das Gestein hier extrem hart ist, ragen die Felswände hunderte Meter hoch und fast senkrecht aus dem Wasser. Das ergibt ein einzigartiges Panorama, bestaunt von Touristen aus aller Welt.

Ein paar Kekse mit Saft müssen genügen als Frühstück. Dann eilen wir zum Hafen, wo um 9 Uhr unser kleines Schiff startet. Der junge Kapitän persönlich hilft Gerald mit dem Rollstuhl an Bord.

Noch ist der große Wasserfall neben dem Hafen im Bergschatten, nicht aber die südliche Seite des langen schmalen Sounds. Dort fahren wir knapp an den steil aufragenden Wänden vorbei. Unten sind sie nackt, soweit das Meer bei Flut hinaufreicht, dann beginnt der Wald. Beeches, Baumfarn, Broadleaves, Rimus kann ich erkennen. Sie klammern sich an die kleinsten Felsvorsprünge und aneinander, bis das Wurzelwerk dicht miteinander verwoben ist und ein Baum den anderen hält. Regen (7000mm!) und Sturm zerren am Wald. Manchmal reißt dann der Wurzelteppich und verliert den Halt. Eine riesige Baumlawine stürzt ins Meer und es wird 70 Jahre dauern, bis sich auf dem Felsen wieder Wald etabliert hat.

Jetzt fährt unser Schiff unter kahlem Fels, senkrecht, oft überhängend. Schmale Wasserfälle (es hat lange nicht geregnet) stürzen über die Kante in zarten schillernden Schleiern zu uns herab. Das Gestein darunter ist zu weißen Rinnsalen ausgewaschen, daneben bunt… schwarz, weiß, braun, gold, grünspanig… in den schönsten Mustern. Der Kapitän lässt uns Zeit zum Staunen. Als er schließlich auf das offene Meer hinaussteuert, entdeckt er eine Schule Delfine (20 bis 30 Tiere!), an die er ganz nahe heranfährt. Zunächst sehen wir nur einige Rückenflossen, doch plötzlich kommt Bewegung in die Gruppe, Rücken tauchen auf, oft drei gleichzeitig. Einer macht Spaß, springt immer wieder aus dem Wasser und lässt sich breitseits wieder hineinfallen. Wir beobachten das alles vom Deck aus, auch Gerald kann es gut sehen. Einzelne Tiere schießen unter Wasser ganz nahe ans Schiff heran und tauchen dann auf. Obwohl wir die Schule umkreisen, schwimmen sie nicht weg. Alle Menschen an Bord sind begeistert. Ich hatte nicht gedacht, dass mich der Anblick von Delfinen in der freien Natur so berühren könnte.

Das Meer bildet hier draußen eine weite Bucht, aber der schmale Eingang in den Milfort Sound ist so verborgen, dass er erst sehr spät entdeckt wurde. Wir blicken hinüber zur Landspitze St. Anne und sehen die Brandung meterhoch aufspritzen. Noch einmal wenden wir uns den Delfinen zu und fahren dann wieder in den Sound hinein. Auf einem vorgelagerten Felsen in der Sonne liegen Robben, an denen wir ganz nahe vorbei gleiten. Sie lassen sich nicht stören.

Wir kommen zu einem Wasserfall, über 150 m hoch. So gewaltig er erscheint, so ist er doch klein inmitten all der Zweieinhalbtausender. Immer näher schiebt sich das Schiff heran, bis wir mitten in der Gischt stehen. Langsam entfernen wir uns wieder, blicken zurück auf den Wasserfall und die Bergriesen dahinter und fahren dann an einer überhängenden Steilwand vorüber, die 800m hoch ist.

Beim Unterwasserobservatorium machen wir kurz halt, um jemanden aussteigen zu lassen und bestaunen den Gletscher von Mills Peak. Den Fluss, der aus ihm hervorgeht, sehen wir zwischen Wäldern, die auf Schwemmmaterial wachsen, in den Sound herunter kommen.

Zum Schluss sehen wir noch einmal den größten der Wasserfälle neben dem Hafen, der den kleinen Ort mit Strom versorgt. Die Sonne hat die umgebenden Berge überstiegen und scheint jetzt auf die riesige Gischtwolke. Abschiednehmend blicken wir zurück auf die Konturen der steilen Felsen, die den Milford Sound säumen. Das sanfte frühe Licht zeigt jede Fläche in einem anderen Helligkeitsgrad. Solche Bilder machten diesen Platz weltberühmt. Wir waren skeptisch, da er sehr überlaufen ist, aber wir müssen uns eingestehen, dass diese Fahrt für uns unvergesslich bleiben wird.

Jetzt geht es zurück, in Serpentinen die Bergstraße steil hinauf und im Tunnel diesmal bergauf. Am Hollyford River , umgeben von wälderbewachsenen Schuttkegeln, hohen kahlen Wänden und vergletscherten Gipfeln kochen wir zum Mittagessen Erdäpfel und baked beens. Nach einer Wanderung über den Hollyford – die Hängebrücke ist für Gerald gerade breit genug – zu den Marian Falls, einem breiten weiß schäumenden Wildbach, fahren wir zurück nach Te Anau, wo wir übernachten.